Münster, 26.06.2013
In dubio pro bono
Hinter freiwilligem sozialen Engagement, Corporate Social Responsibility oder Corporate Volunteering stehen Menschen, die sich engagieren – der karriereführer stellt sie vor.
Aufgezeichnet von Stefan Trees
Wie alles anfing
Bei Sozietäten aus dem angelsächsischen Raum hat die Pro-Bono-Tätigkeit eine lange Tradition. Vor allem in Amerika ist der Zugang zum Recht viel schwieriger.Das System ist unglaublich teuer, was sich viele Menschen schlicht nicht leisten können. Die Sozietäten dort haben sich deshalb schon sehr viel früher in der Pflicht gesehen, etwas zu tun, um den Zugang zum Recht für eine breite Bevölkerungsschicht herzustellen. Weil viele Mutterhäuser der in Deutschland tätigen Sozietäten dem angelsächsischen Raum entstammen, wächst nun auch bei uns die Aufmerksamkeit für die gesellschaftliche Verantwortung einer Sozietät, die sich in Pro-Bono-Mandaten ausdrückt. Das gilt auch für die großen deutschen Sozietäten, zu denen wir gehören.
Warum wir das machen
Pro-Bono-Arbeit ist eingebunden in die Haltung eines „good corporate citizenship“, eines gesellschaftlich verantwortungsbewusst handelnden Unternehmens. Wir verbinden damit den Anspruch, in der Gesellschaft eine positive Gestaltungswirkung zu entfalten. Wir fragen uns: Was können wir besonders gut? Wir verfügen über Fertigkeiten, die sich aus unserer Ausbildung und vor allen Dingen aus unserer tagtäglichen Praxis ergeben: Wir können besonders gut Jura. Wir würden jetzt nicht ausschwärmen und Kindergärten anstreichen, das können wir nicht besser als andere. Wir finden zu Institutionen, die sich ihrerseits für das Gemeinwohl engagieren, um sie mit unseren speziellen Leistungen zu unterstützen.Das können wir dann im Rahmen eines sogenannten Pro-Bono-Mandats tun, für das wir kein oder ein reduziertes Honorar berechnen. Zu einem Pro-Bono-Mandat gehört das Vertrauen, dass es sich hierbei um eine gute Sache handelt.Deshalb ist es häufig angelegt auf eine wiederholende Unterstützung. Wir überlegen uns sehr genau: Wo können und wen wollen wir unterstützen, und sind die Ziele kompatibel zu dem, was wir für richtig und gut halten?
Wer unterstützt wird, entscheiden wir in einem kleinen Komitee unserer Sozietät. Wichtig bei der Auswahl ist, dass es sich bei einer Anfrage um ehrenwerte, nachhaltige, seriöse Motive handelt, die zu uns passen und nicht im Konflikt zu einem unserer Mandate stehen. Auch in der Wirtschaft geht es viel mehr als früher um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Daher wird es bei der Mandatsvergabe gerne gesehen, wenn sich eine Sozietät sozial engagiert. Auch von unseren Mitarbeitern wird es als sympathisch angesehen, für einen Arbeitgeber tätig zu sein, der sich auch mit einem Teil seiner Möglichkeiten um einen gemeinwohlorientierten Ansatz bemüht.
Was es bislang gebracht hat
Beispielsweise versuchte ein Verein, in Zusammenarbeit mit einer Klinik ein Spezialistenzentrum für die Behandlung von Kindern mit angeborenem Herzfehler zu gründen. Erhebliche Meinungsunterschiede führten zur Spaltung des Vereins. In dieser Phase lernte ich eine der Hauptinitiatorinnen kennen. Es ging los mit einer juristischen Beratung, was in dieser Situation zu tun sei und wie mit dem Vereinsvermögen umzugehen war. Es gab Streitigkeiten bis hin zu einstweiligen Verfügungen vor Gericht, dem Abschluss einer Vergleichsvereinbarung und der Geburtsstunde eines neuen Vereins, der zusammen mit der Universitätsklinik Münster die Keimzelle des heutigen Zentrums für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) initiierte. In den Folgejahren bezog sich die juristische Beratung auf Fragen zum Spendenwesen und Sponsoring – zwei Professoren-Lehrstühle wurden eingerichtet und Verträge mit den Sponsoren mussten aufgesetzt werden. Im vergangenen Jahr haben wir den Verein umgewandelt in die gemeinnützige EMAH Stiftung Karla Völlm. Im Verlauf der Zeit waren also immer wieder auch juristische Schritte vorzunehmen, um die Sache weiterzuentwickeln oder am Leben zu erhalten. Das haben wir über Jahre mitverfolgt.